Wolf Biermann RE:IMAGINED
Johann Scheerer hat mit seinem Indie-Label Clouds Hill das Cover-Album "Wolf Biermann RE:IMAGINED - Lieder für jetzt" veröffentlicht, um die immer noch relevanten Lieder zusammen mit mit diversen Künstlern und Künstlerinnen den jüngeren Generationen zugänglich zu machen.
Das Album ist heute, am 15. November passend zum 88. Geburtstag von Wolf Biermann raus gekommen.
Doch wer ist eigentlich Wolf Biermann?
Er wurde 1936 in Hamburg geboren, siedelte als junger Mann 1953 in die DDR über und wurde später von ihr wieder ausgebürgert, weil er sich und seine Kunst nicht zensieren ließ.
Wolf Biermann hat sich immer lautstark zu Wort gemeldet und Kritik an den herrschenden Zuständen und der Politik geäußert. Gleichzeitig ist er mit seinen Werken zu einer Ikone der deutschen Musik-Szene geworden und durch seine Texte zum Symbol für Widerstand und Meinungsfreiheit.
Angestoßen von Wolf Biermanns Frau Pamela entstand gemeinsam mit Johann Scheerer die Idee, die alten Lieder in die heutige Zeit zu transportieren.
So kaufte der Hamburger Produzent und Autor Johann Scheerer mit seinem Label die Rechte am, über 300 Stücke umfassenden, Gesamtwerk Wolf Biermann.
Die Geschichten aus dem 20. und 21. Jahrhundert sollen nicht nur erneut hörbar, sondern durch die Musik auch spürbar gemacht werden.
»Mit den Coverstücken möchten wir einen einladenden Zugang gestalten, der sich an ein breites Publikum richtet und auch Menschen mit einbezieht, die noch nicht wissen, wer Wolf Biermann ist! Seine Musik ist wichtig, sie will und soll sich an ein möglichst breites Publikum richten. Dabei wollen wir helfen und gleichzeitig eine Werkpflege betreiben.« sagt Johann Scheerer.
Dabei sollen die Songs auch losgelöst von Wolf Biermann betrachtet werden, denn sie haben einer ganzen Generation von Nachkriegskindern Worte für Kritik, Skepsis, Wut und Liebe gegeben.
Da die Themen nach wie vor relevant sind, geht es dem Cover-Album nicht nur um einen Rückblick, sondern auch um einen Transfer in die aktuelle Zeit.
Schnell konnte Johann Scheerer eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen gegenwärtigen Musikschaffenden finden, die die Stücke covern wollten.
»Das Projekt der Coverstücke ist eine Verneigung sowohl vor Biermann als auch vor den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern selbst.« sagt Scheerer über das Album.
Die insgesamt 22 Lieder werden unter anderem von Annett Louisan, Maxim, Meret Becker, Balbina, Ina Müller, Wolfgang Niedecken, Jan Plewka, Moritz Krämer, Lina Maly, Alligatoah, Betterov, Bonaparte und OK Kid jeweils in ihrem eigenen Stil interpretiert.
»Mich hat vor allem auch interessiert: Wie klingt das, wenn Wolfs Texte etwa im Gewand eines Sprechgesangs performt werden?«, sagt Pamela Biermann. »Bisher hat sich ja niemand so wirklich an sein Werk gewagt – weil es eben eine starke Eigenart besitzt und weil er noch lebt.«
Die Musiker und Musikerinnen haben ihre ganz eigenen Gründe um an dem Projekt teilzunehmen.
Mola sagt dazu: "Biermann hat mich immer wieder gestreift in meinem Leben, in Form von seiner Musik oder vor ein paar Jahren habe ich einen tollen Film über ihn gesehen. Ich hatte ihn irgendwie immer auf dem Schirm und als ich die Anfrage für dieses Projekt bekam, dachte ich mir: Große Ehre! Und wollte auf jeden Fall dabei sein.“
OK Kid sagen: "Wir haben als Band noch nie wirklich eine Coverversion von anderen KünstlerInnen gemacht. Als wir gefragt wurden, ob wir bei dem Projekt mitmachen möchten, fanden wir den Gedanken spannend, Musik, die aus einer anderen Ära und aus einem Mindset kommt, zu nehmen und in unsere Welt zu übersetzen. Noch dazu in einem Setting wie dem Clouds Hill Studio, das an sich ja schon sehr inspirierend ist. Und dass so viele andere tolle KünstlerInnen mit dabei sind, macht das Ganze noch spannender."
Haiyti sieht Gemeinsamkeiten: „Ich sehe viele Parallelen zwischen mir und Biermann. Auch ich bin Hamburgerin und nach Berlin umgezogen. Er ist ein Freigeist und Brückenbauer und mir daher sympathisch. Ich finde seine Songs sind sehr ehrlich geschrieben und dafür schätze ich Liedermacher. Die Bilder, die er malt, sind wunderbar.“
Alligatoah hat einen ganz persönlichen Grund: „Als mein Vater so alt war, wie ich ist er mit seiner Gitarre durch Westdeutschland gezogen und hat Wolf Biermann Lieder vor kleinem Publikum gesungen. Das Lied zu covern ist für mich also in erster Linie eine Hommage an meinen Vater. Natürlich kam ich so auch früh mit Biermanns Werk in Berührung aber den "Hugenottenfriedhof" habe ich erst jetzt entdeckt. Ich gebe zu, dass ich nicht jede Referenz in den Strophen verstehe, aber die Refrainzeilen sprechen mir aus der Seele und die Auseinandersetzung mit dem Tod ist mir in meinen eigenen Liedern wohl vertraut.“
Mola sagt über die Aktualität von Wolf Biermanns Liedern folgendes: „Ich glaube, Biermann bleibt immer aktuell, weil es damals wie heute für Künstler:innen ganz schön mutig ist, politisch Stellung zu beziehen. Gerade popkulturell sind die Leute damit oft eher zurückhaltend, weil man Angst hat, jemandem damit auf die Füße zu treten. Wolf Biermann hat Mut gezeigt und hat seine politische Haltung geäußert. Er ist damals ein großes Vorbild dafür gewesen, dass man sich traut auch seine Meinung in Kunstform zu äußern - und er ist es heute auch immer noch.“
Haiyti: „Auch heutzutage gibt es Denunzianten, Verräter, Petzer und Besserwisser die Macht über andere ausüben. Fängt an auf dem Bürgersteig, verweilt in der Musikindustrie und endet in der Politik. Biermann hat sich nie an Gefälligkeit orientiert. Da sollten sich mal andere Musikschaffende eine Scheibe abschneiden!“
OK Kid: "Gerade in der heutigen Zeit fehlt es speziell im Musikkosmos an Stimmen, die eine klare Haltung vertreten und es dabei gleichzeitig schaffen, Menschen zu vereinen. Biermann hat das geschafft, durch seine Ehrlichkeit und das An- und Aussprechen von Problemen der Gesellschaft und den eigenen Befindlichkeiten damit. So nahbar und gleichzeitig eindeutig und meinungsstark zu sein, schaffen nur wenige, dabei wäre es in Zeiten des Rechtsrucks und der zunehmenden Spaltung wichtiger denn je."
» Ina Müller covert Wolf Biermann
» Lina Maly covert Wolf Biermann
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